
Stadt Wien Podcast
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Das neue Foto Arsenal: Wien auf dem Weg zur Fotostadt
Wien bekommt eine neue Kunst-Institution: Am 21. März eröffnet das Foto Arsenal Wien. Auf 1.000 Quadratmetern zeigen bis zu zehn Ausstellungen im Jahr die ganze Bandbreite des Mediums. Bernhard Ichner spricht mit Kulturstadträtin
Veronica Kaup-Hasler und dem künstlerischen Leiter Felix Hoffmann über Motive und Ziele.
Mehr zum Foto Arsenal auf https://www.fotoarsenalwien.at/
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Silvo Gasser Herzlich willkommen zu einem weiteren Stadt Wien Podcast. Diesmal spricht Mein Wien-Redakteur Bernhard Ichner mit Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler und dem künstlerischen Leiter des Foto Arsenal Wien, Felix Hoffmann, über das neue Zentrum für Fotografie und Lens Based Media in Österreich. Bernhard Ichner Herzlich willkommen! Wir begrüßen heute Stadträtin Veronica Kaup-Hasler und Felix Hoffmann, den künstlerischen Leiter des neuen Foto Arsenal Wien. Und ich würd sagen, wir fangen gleich hier mal an mit der ersten Frage. Gehen wir in medias res? Es ist ja so, dass Wien bereits mehrere Ausstellungsorte für Fotografie hat. Es gibt das Westlicht, Ostlicht, andere. Was hat denn die Stadt mit dieser Ausgangslage dazu bewogen, ein eigenes Ausstellungshaus für Fotografie zu gründen? Bernhard Ichner Ja, Frau Stadträtin.. Veronica Kaup-Hasler Ja, herzlichen Dank für die Einladung. Ich glaube, es ist ganz wichtig, über das zentrale Medium unserer Zeit auf unterschiedlichste Art und Weise zu reflektieren. Und es ist ein großes Desiderat einer lokalen Szene, aber auch international, dass Wien endlich auch einen Ort hat, einen öffentlichen Ort, in dem auch strategisch über dieses Medium nachgedacht wird. Das Ausstellungstätigkeit verbindet mit einer sehr starken Orientierung auf Vermittlung, auf Reflexion über dieses Medium, das uns so sehr bestimmt in unseren, in unserer Zeit. Veronica Kaup-Hasler Und das braucht eben auch die öffentliche Hand, damit diese Strategien unterschiedlich sich fokussieren können, unterschiedlich gelebt werden können. Und von daher bin ich sehr froh, dass uns das gelungen ist. Bernhard Ichner Warum wurde denn ausgerechnet das Arsenal als Standort gewählt? Geht es da um die Kombination mit anderen audio-visuellen Künsten? Weil dort ist ja zum Beispiel auch in dem Gebäude das Österreichische Filmmuseum, -lab. Oder geht es da um das Gebäude an sich und die Eigenschaften, die die Räumlichkeiten haben? Warum ausgerechnet dort? Was kann das Arsenal? Veronica Kaup-Hasler Also es sind zwei Themen, die sich hier verbinden. Einerseits ging es wirklich um die Synergien, denn das Filmlab war zuerst da. Also wir haben auch gemeinsam mit dem Bund das möglich gemacht, dass dort das ganze Archiv des Filmmuseums eben dort sich etablieren kann. Und die haben auch nur eine bestimmte Fläche benötigt und von daher war es fantastisch, dass sie gesagt haben, Moment mal, das lässt sich kombinieren mit dem anderen wichtigen Element, nämlich Foto. Veronica Kaup-Hasler Also nicht das Laufbild, sondern eben Fotografie im Lauf der Zeit sozusagen. Das zu bündeln an diesem Ort. Und das ist ja wirklich auch der Nukleus eines Kulturclusters, der dort entsteht, neben den Werkstätten von Art für Art, neben der Probebühne fürs Burgtheater und der Staatsoper, auch in einem Stadtteil, der sich rasant entwickelt, zwischen Sonnwendviertel und dem neuen Hauptbahnhof. Veronica Kaup-Hasler Also das ist ein Zukunftsgebiet. Und mir war es auch immer ein Anliegen zu zeigen, dass Wien die Orte der Kunst nicht nur im innerstädtischen, kleinsten Raum konzentriert, sondern dass wir die Stadt als wachsende, innovative, zeitgenössische Metropole mitdenken und eben daher auch raustragen in andere Bezirke, wo auch wichtig ist, dass sie auch kulturelle, attraktive Orte schaffen. Und das wird ein neues Highlight werden in der Stadt. Bernhard Ichner Das ist der Standort an sich. Und wie schaut's aus mit dem, was das, was das Gebäude mitbringt? Ist das wichtig für Sie, dass es ausgerechnet dort stattfindet? Hat es zu tun mit der Szene, mit Licht, mit Raum, mit den Mitteln, mit den Eigenschaften der Räumlichkeiten dort? Oder ist es so gut wie woanders auch? Veronica Kaup-Hasler Nein, es war natürlich Glück und Zufall, dass man auf dieses Objekt gestoßen ist, weil eben das Filmarchiv da schon sozusagen den ersten Schritt gesetzt hat. Und natürlich mussten wir es auch umbauen und adaptieren. Also die Stadt Wien hat ja auch Investitionen getätigt, damit das eben auch für die Fotografie ein adäquater Ort wird. Größer wäre uns immer lieber gewesen, aber wir gehen mit dem, was wir haben, sehr positiv um. Veronica Kaup-Hasler Und ich glaube auch, dass das jetzt in der veränderten Gestaltung durch eine neue Architektur auch ein wirklich attraktives, eine attraktive Institution im Arsenal wird. Bernhard Ichner Sie haben es jetzt von sich aus angesprochen: Die Investitionen, die getätigt worden sind. Können Sie das ein bisschen beziffern? Zum einen Was hat die Stadt Wien da in die Hand genommen, um überhaupt diesen, diesen Ausstellungsbetrieb dort zu realisieren? Und zum Zweiten auch: Welches Budget steht dem Foto Arsenal Wien denn zur Verfügung, damit man da Ausstellungen hinbringen kann? Veronica Kaup-Hasler Also für den laufenden Betrieb, und der hat ja schon längst begonnen und wir sehen, wie positiv schon das Foto Arsenal in seinen Dependancen bis dato wahrgenommen wurde, im Museumsquartier und auch mit dem Festival der Foto Wien. Also wir haben 2 Millionen für den Betrieb, für den Laufenden und wir haben 3 Millionen für die Investitionen, wovon 2 Millionen ungefähr für die Adaption des Gebäudes gebraucht wurden und 1 Million ungefähr in den die Vorplatz-Gestaltung, die ja auch wichtig ist, weil sozusagen ist war eine Garage also es musste auch attraktiviert werden. Veronica Kaup-Hasler Wir sind jetzt in den Endzügen der Gestaltung, also das wird schon ein sehr attraktiver Standort werden. Bernhard Ichner Die 2 Millionen für den laufenden Betrieb sind pro Jahr. Veronica Kaup-Hasler Ja. Bernhard Ichner Herr Hofmann, Sie sind der künstlerische Leiter, was war denn Ihnen wichtig bei der Konzeption des Ausstellungsbetriebs? Was waren Ihre Schwerpunkte? Felix Hoffmann Na, es gibt ja so unterschiedliche Fragen, die mit Fotografie zusammenhängen. Jetzt, bei den Eröffnungsausstellungen, werden wir uns einerseits mit Magnum, einer großen Fotoagentur aus Paris, auseinandersetzen, die auch das Copyright verbrieft hat. Felix Hoffmann Und auf der einen Seite versuchen, uns mit Archivfragen auseinanderzusetzen, auch historischen Fragen: Wie werden Bilder ikonisch? Wie werden Bilder zirkuliert in unserer Gesellschaft? Wie sind sie in der Vergangenheit in unsere Medienwelt gekommen, in Magazine, Tageszeitungen? Und wie werden sie heute benutzt? Und auf der anderen Seite versuchen wir neben berühmten Namen eben auch immer junge Positionen zu zeigen und darüber auch so eine Vielfalt des Mediums nach außen zu bringen. Bernhard Ichner Sie haben es in früheren Gesprächen schon angesprochen. Sie haben gesagt, es wird nicht nur dort einen Ausstellungsbetrieb geben, sondern es gibt so diese Satellitenidee. Erzählen Sie uns ein bisschen was darüber. Felix Hoffmann Ja, also das Foto Arsenal hat jetzt ein neues Zuhause und einen fixen Standort. Und der ermöglicht uns natürlich, irgendwie erst mal anzukommen. Und erst mal das Areal mit all seinen Qualitäten, über die wir jetzt schon gesprochen haben, so ein bisschen sich auszubreiten. Felix Hoffmann Wir haben ja auch eine großartige Grünflächenlandschaft um das Gebäude zwischen dem Heeresgeschichtlichen Museum und uns gibt es einen tollen Park. Alle Besucher*innen, die mich immer von extern besuchen, die sagen Mensch, Wien ist so grün, das ist so eine besondere Qualität, auch dann durch den Schweizer Garten zum Belvedere zu gehen und über die Stadt zu schauen. Da wird noch mal Wien ganz anders erlebbar. Felix Hoffmann Und zusätzlich wollen wir natürlich mit anderen Häusern kooperieren. Also Wien oder wir als Foto Arsenal verstehen uns eigentlich so als Nukleus und wollen eben Generator sein für Aktivitäten im Bereich Fotografie. Mein großer Traum ist ja, Wien zur Foto-Stadt zu machen. Das ist der Traum, an dem wir irgendwie arbeiten. Und das geht aber nur im Schulterschluss. Und es gibt ganz viele tolle Player hier in der Stadt. Felix Hoffmann Also nicht nur das Westlicht, sondern auch die Albertina, Bon Artes. Es gibt ganz viele Aktivitäten, die wir versuchen wollen zu bündeln und eben als Institution auch zu verstärken. Und gleichzeitig bauen wir Brücken in andere Regionen von Österreich. Es gibt ja eine fantastische Tradition hier im Land mit Graz und der Camera Austria, aber auch mit dem Fotohof in Salzburg. Und da strecken wir seit Jahren schon unsere Fühler aus und wollen eben zusammentun. Felix Hoffmann Das ist das Entscheidende. Wir wollen uns nicht abgrenzen, sondern wir wollen versuchen, ein Netzwerk aufzubauen. Bernhard Ichner Sie haben es in Ihrem vorigen Statement schon angesprochen: Der Ausstellungsbetrieb beginnt am 21. März mit der Schau Magnum - A World of Photography, die der legendären Agentur Magnum Fotos gewidmet ist und sich mit der Reportagefotografie befasst. Sie haben gesagt, fast jede Person auf der Welt würde mindestens ein Foto aus diesem Hause kennen. Bernhard Ichner Können Sie unseren Hörerinnen und Hörern vielleicht ein paar Beispiele sagen? Was sind so klassische Fotos, die man da sehen könnte? Was? Was kennen wir denn? Felix Hoffmann Na ja, beispielsweise: ein Mann schlendert in New York eine Straße runter, hat den Trenchcoat ganz nach oben gezogen und eine Zigarette im Mundwinkel. Und im Hintergrund sieht man das Flatiron Building und die Skyline New Yorks. Felix Hoffmann Und wenn man mal dieses Bild von James Dean, der als junger Mann da die Straße runter kommt und fotografiert worden ist von einem der Magnum Mitglieder, im Kopf hat, dann weiß man sofort: Ah ja, das ist ein ikonisches Bild. Und es gibt natürlich ganz viele Bilder von Muhammad Ali, der von Thomas Höpker fotografiert worden ist, oder von der tollen österreichischen Fotografin Inge Morath, die ein Lama in einem Taxi fotografiert hat, das den Kopf rausstreckt. Felix Hoffmann Und so werden wir uns bis zur österreichischen Staatsvetragsunterzeichnung ein tolles Bild, das Erich Lessing geschossen hat 1955 am Schloss Belvedere, uns mit ganz vielen ikonisch gewordenen Bildern auseinandersetzen. Aber man muss sich ja fragen: Warum sind diese Bilder ikonisch geworden? Und die sind zum Teil nicht nur ikonisch, weil sie gut fotografiert sind, sondern sie sind vor allem ikonisch geworden, weil sie zirkuliert sind. Felix Hoffmann Sie sind in unsere Köpfe gekommen, in unsere Augen. Und da muss man sich fragen: Was ist damals, in den ersten Dekaden der Fotografie mit Bildern passiert? Und wie kommen sie denn heute zu uns? Und darüber entstehen auch Machtverhältnisse. Und diese Machtverhältnisse versucht die Ausstellung auch über Archivpraktiken klar zu machen. Bernhard Ichner War es nicht irrsinnig schwierig, die diese Fotos auszuwählen oder sagen wir so, die Fotos auszuwählen, die dann tatsächlich in die Ausstellung kamen? Wenn das, wenn es so eine ein Pool an so wahnsinnig vielen guten Bildern ist. Felix Hoffmann Na ja, ich habe gerade 27.000 Bilder in meinem Handy und kuratorische Arbeit bedeutet immer zu editieren und sich beschränken zu müssen. Das ist immer die Frage Auf welche Ressourcen: greift man zurück? Meine Handybilder kann ich wesentlich schlechter beackern als so ein Archiv. Aber das ist eine total legitime und gute Frage. Felix Hoffmann Wir haben eben versucht, dann Fallbeispiele herauszufiltern, wo es möglichst gutes Material gibt. Auch im Magazin-Bereich und bei Rene Burri, der Che Guevara fotografiert hat, landet dieses Bild ohne Genehmigung des Fotografen am Ende eben auf einem T Shirt. Das sind alles so Prozesse, wo man dann im Archiv merkt: Ah ja, man muss sich dann doch irgendwie beschränken, man wählt lieber den Fotografen A aus als den Fotografen B. Bernhard Ichner Kann man in dem Fall nur hoffen, dass die Synchronisation mit der Cloud funktioniert. Felix Hoffmann Das auf alle Fälle wäre total wichtig. Sonst ist nämlich alles weg. Bernhard Ichner Wir sprechen hier die ganze Zeit über Fotokunst. Was macht denn ein Foto eigentlich zur Kunst? Ist das Bild selber die Kunst oder die Wirkung, die es beim Betrachter, bei der Betrachterin erzielt? Veronica Kaup-Hasler Für mich ist Fotografie in der Kunst zu sehen wie ein anderes Medium auch. Also zu bestimmten Zeiten hat man sich der Malerei gewidmet, bis heute natürlich Skulptur usw. Entscheidend ist, dass allein schon die Auswahl des Ausschnittes, was bilde ich ab, wie welche Komposition wähle ich, um etwas zu erzählen? Und dass Fotografie ein Medium ist, das auch wenn es Kunst ist, eben über die reine Dokumentation hinaus weist und eigentlich neue Perspektiven eröffnet und vielleicht auch etwas sichtbar macht, was man vorher nicht gesehen hätte. Veronica Kaup-Hasler Also eine andere Botschaft noch mit liefert einen anderen Inhalt, noch sieht und quasi fühlbar macht für den Betrachter. Das ist, glaube ich, ganz entscheidend. Kunst kommt der Wahrheit des Menschen oder der Natur oder der Wirklichkeit auf eine ganz besondere Art und Weise nahe. Und das reicht eben nicht, nur etwas abzumalen oder nur irgendwie aufzunehmen. Das hat was mit Komposition zu. Felix Hoffmann Ja und die Übergänge sind total fließend. Also wir haben ja diesen ganzen angewandten Bereich der Fotografie. Wir haben ja gerade über Fotojournalismus bei Magnum gesprochen, aber natürlich gibt es auch Mode, Werbung, ganz unterschiedliche Bereiche. Und natürlich wird auch manchmal ein Modefoto zu einem Kunstwerk, wenn verschiedene Leute das in diesem anderen Diskursfeld so akzeptieren, weil ihnen das andere Ideen eröffnet. Und das muss die Kunst ja liefern können. Bernhard Ichner Das ist, das wird thematisiert in der Ausstellung. Wie etwas ikonisch wird es thematisiert, heißt es, wird aber nicht beantwortet, sondern es muss...? Felix Hoffmann Na ja, also ich glaube, dass Bilder für eine jüngere Generation eine ganz andere Wirkmächtigkeit und auch eine ganz andere Funktion haben, wie das noch vor 30, 40 Jahren war. Felix Hoffmann Also wenn wir vom österreichischen Staatsvertrag sprechen, dann hat wahrscheinlich eine Generation, eine andere Generation andere Bilder im Kopf, wie eine jüngere Generation, die irgendwie um die 20 ist. Und wenn Sie mit jemandem sprechen, der um die 60 ist, der hat sofort die Präsentation dieses Staatsratsvertrags auf dem Balkon des Belvedere im Kopf. Und darum geht es ja auch in der Ausstellung.Bestimmte Dekaden abbilden zu können. Bernhard Ichner Ich glaube, Frau Stadträtin, Sie haben das Wort das Wort Wahrheit benutzt in Ihrem letzten Statement. Inwiefern ist denn Manipulation ein Thema in diesen Ausstellungen? Also zum einen Manipulation der Bilder selber durch künstliche Intelligenz, die Deep Fakes usw, aber auch der manipulative Einsatz von Bildern zum Beispiel für politische Agenda. Veronica Kaup-Hasler Ja, also ich glaube, wir sind natürlich gerade jetzt und wir erleben das wirklich hautnah und ganz aktuell in einer Zeit, wo es nicht nur Hate Speech gibt, in der verkürzten und gehässigen Form, sondern auch, wo Bilder ein absolutes Medium populistischer Manipulation aus allen Richtungen sind. Und das heißt, weil Bilder auch emotionalisieren und mit einer - mit dem entsprechenden Text kann das gleiche Bild völlig anders gelesen werden. Veronica Kaup-Hasler Es kann sich eine Friedensbotschaft in ihr Gegenteil verwandeln, zum Beispiel. Und wir sehen, wie bewusst das auch eingesetzt werden durch Demagogen, von denen es ja zurzeit geradezu wimmelt, weltweit. Und da gilt es eben auch eine kritische Reflexion zu ermöglichen und eine Schule des Sehens sozusagen zu etablieren. Und die muss so früh ansetzen wie nur irgendwie möglich. Wir haben auch da vieles nachzuholen, weil gerade in unserem Schulsystem ist die Reflexion über diese Medien, die unsere Kinder, mit den sie aufgewachsen sind. Veronica Kaup-Hasler Also ich bin ja nicht damit aufgewachsen, ich habe mein erstes Handy mit 27 gehabt, also ich habe ein ganz anderes Verhältnis zu diesem Medium als meine Kinder, die sozusagen Natives sind. Und das heißt, die Schulen brauchen dringend auch Orte, wo sie lernen können, sich mit den Inhalten von Bildern kritisch auseinanderzusetzen. Dass es eben auch KI-generierte Bilder gibt, die mehr und mehr auch eingesetzt werden, die uns manipulieren, die auch Emotionen hervor locken sollen und daher braucht es eben öffentlich finanzierte Orte und nicht privat finanzierte Orte. Veronica Kaup-Hasler Die kann es auch geben, aber es braucht wirklich die öffentliche Hand, die auch diesen Bildungsauftrag mit auf den Weg gibt. Felix Hoffmann Man kann das auch noch mal runterbrechen. Also wir lernen in der Schule alle lesen, schreiben, rechnen, aber wir lernen eben nicht mit Bildern umzugehen. Und das ist einfach eine Lücke, die wir auch als Institution versuchen zu füllen, der nachzugehen und zu befragen, weil sonst haben wir eine jüngere Generation - und es geht ja um die Frage, wie erreichen wir über so eine Institution viele Leute, aber auch eine jüngere Generation - die sich eben genau mit dieser Bildwelt viel intensiver auseinandersetzt. Bernhard Ichner Ich finde das ja sehr interessant, wenn man dann Bilder vorgesetzt bekommt und die einen sind KI-generiert, die anderen nicht und man versucht es zu unterscheiden. Ich bin ein Laie, mir gelingt es nicht oder nicht mehr in der Mehrheit der Fälle. Aber es würden sie denn sagen. Gelingt es Ihnen? Felix Hoffmann Nein, Natürlich gelingt es mir auch nicht. Aber das ist ja genau der Punkt. Wir müssen einfach dran arbeiten, uns als Gesellschaft stärker mit Medien auseinanderzusetzen. Da geht es um Medienkompetenz. Es geht um die Frage, wie wir über und ich nenne das immer bildforensische Verfahren. Da fragen mich die Leute immer: Was ist denn Bildforensik? Wir müssen einfach anfangen, Bilder so tief zu befragen, dass wir wissen: Woher kommen die? Felix Hoffmann Wer hat die erstellt und wer hat vor allem auch ein Interesse, diese Bilder zu uns zu bringen? Und da gibt es ja Leute aus den, aus politischen, ökonomischen, was auch immer für Kosmen, die sehr stark daran interessiert sind, auch unterschiedliche Gesellschaftsgruppen mit diesen Bildern zu konfrontieren und in unterschiedlichen politischen Systemen kann man die Wirkmächtigkeit von Bildern ja sehr gut nachempfinden. Felix Hoffmann Sowohl wenn man in den Osten wie wir in den Westen schaut. Veronica Kaup-Hasler Und wenn ich da einhaken darf und da kommt schon auch die Politik ins Spiel. Die Stadt Wien investiert ja ganz stark in die Forschung des digitalen Humanismus also das heißt Forscher und Forscherinnen, die das digitale Feld bearbeiten, wissenschaftlich bearbeiten und hat selber alles, was die Stadt Wien sozusagen digital macht, basiert auf dieser Grundlage auf den ethischen Korsett. Veronica Kaup-Hasler Und wir müssen europaweit offensichtlich sehr stark auch nachdenken, wie wir einfach legistisch Parameter schaffen können, wo zum Beispiel Bilder ausgewiesen werden oder wo das nachvollziehbar gemacht wird, genauso wie wir mit der Datenverordnung es auch geschafft haben, auch die Nutzung unserer Daten möglichst nachvollziehbar zu machen und nicht alles zu erlauben. Nicht das als reines Spielgeld von privaten Tycoons im Silicon Valley zu haben. Veronica Kaup-Hasler Also hat Europa reagiert. Sehr, sehr spät, viel zu spät eigentlich. Aber trotzdem gibt es da schon auch ein paar Parameter, wo sich eine Gesellschaft sagen muss: Hier ist eine rote Linie, hier müssen wir Dinge kennzeichnen, sichtbar machen und nachvollziehbar machen. Weil in der Tat, mit blankem Auge kann das niemand mehr. Bernhard Ichner Herr Hofmann, können Sie bei jedem ausgestellten Foto die Authentizität garantieren? Felix Hoffmann Nein, eben nicht. Also bei einem Silbergelatine-Baryt-Abzug kann man eben über bestimmte Mechanismen sich die Rückseite anschauen und auch die Ressourcen, also wo es herkommt, sich genau irgendwie überlegen: Ist dieses Bild authentisch? Aber da gibt es ja auch unterschiedliche Ebenen. Also wir haben quasi das physische Bild im Ausstellungsraum und wir müssen eben auch immer befragen, wer hat es gemacht, also wie ist die Autor*innenschaft und was steckt eigentlich hinter so einem Bild und ob das jetzt authentisch ist, ist noch mal so eine ganz andere, manchmal auch philosophische Frage. Bernhard Ichner Fotos zeigen, so sie echt sind, einen Ausschnitt der Welt. Derzeit leben wir aber in einer sehr krisengebeutelten Welt und Themen wie der Ukrainekrieg in den letzten Jahren, corona, die Klimakrise und andere Themen beherrschen seit Jahren unser Leben. Wenn ich mir das in einem, in einem Ausstellungsbetrieb vorstelle, stimmt die Dokumentation die Betrachter*innen dann tendenziell pessimistisch? Felix Hoffmann Ich glaube, wir müssen ja und das ist auch die Aufgabe von so einer Institution, Hoffnung geben und können natürlich auf Fragen versuchen, Antworten zu liefern, aber auch irgendwie Zuversicht in eine Gesellschaft tragen. Und da gibt es natürlich den Ausstellungsbetrieb. Und ich glaube, der Ausstellungsbetrieb hat einen ganz wesentlichen Kern. Wir müssen in der digitalen Zeit beginnen, uns auch wieder zu begegnen, uns zu berühren und uns auszutauschen. Und es sind Orte, an denen man sich treffen kann. Ich träume ja auch von einem Ort, der ein First Date Place sein kann, wo Jugendliche, die sich auf digitalen Plattformen verabredet haben, einen sicheren Ort haben für ein erstes Rendezvous, wo man sich erst eine Ausstellung anschaut und dann zusammen vielleicht einen Kaffee trinkt und einfach beginnt, eine gute Zeit miteinander zu haben. Felix Hoffmann Ja, diese sicheren Orte sind gar nicht so weit gesät, und da spielt die Kultur eine ganz bestimmte Rolle. Das ist ja was anderes, wenn man sich trifft und durch eine Ausstellung im Dialog geht, wie wenn man im Kino schweigend nebeneinander sitzt, sitzen muss. Da haben wir an unterschiedlichen Stellen so ein bisschen den Vorsprung als Ausstellungshaus. Veronica Kaup-Hasler Ja, und ich denke auch, dass es ja nicht nur darum geht, dass sozusagen dystopische Momente der Fotografie aufzugreifen, sondern auch diese Frage der Visionen, der Träume und auch das Erzeugen von Empathie. Es ist nämlich wirklich der Blick, der uns oft verloren geht in Krisenzeiten, wo wir eben Gaza-Palästina-Israel-Konflikt, die Bilder des Krieges ähneln sich ja sehr oft in ihrer totalen Verzweiflung und je weiter sie weg von dem Individuum gerückt werden, umso mehr wird es zu einer Masse oder gerade bei Menschen, die schutzbedürftig sind, also Menschen, die fliehen müssen, weil in ihren Ländern katastrophale ökologische Zustände sind, kein Wasser mehr da ist oder die vom Krieg gebeutelt sind. Veronica Kaup-Hasler Wenn wir nur Züge von Menschen sehen aus der Ferne, werden sie irgendwelche Züge sein, die irgendwie nur Ameisen gleichen. Traurige Ameisen in der Ferne. Wenn wir aber anfangen, uns ranzuzoomen und zu sehen, das ist ein Individuum, dem das widerfährt und welches Glück wir haben, dass wir in dieser Region, dieser Welt, in dieser Stadt leben können, dann werden wir plötzlich anders uns verhalten und plötzlich eine andere Empathie empfinden zu einer Mutter, die um ihr Kind weint, um einzelne Kinder, Väter und Veronica Kaup-Hasler Das ist die beste Medizin gegen die Verhärtung der Seelen und gegen die, die Empathielosigkeit und auch gegen die Schlagworte, mit denen sehr oft große Herausforderungen, die wir alle haben, das verstehe ich, aber mit denen wir konfrontiert sind im Alltag. Und wir würden weniger schlampig und herzlos über diese Schicksale reden, wenn wir uns mehr mit dem Individuum und mit dem Schicksal Einzelner befassen würden. Bernhard Ichner Bleibt zu hoffen, dass die richtigen Leute die Ausstellung anschauen. Veronica Kaup-Hasler Das hoffe ich auch. Aber ich glaube, noch zu den Träumen. Das muss natürlich ein verführerischer Ort sein. Davon gehe ich aus. Kunst muss einladend sein. Gastgeberisch muss ein Ort sein, der Freude macht, dass man dort hinkommt, auch wenn man es manchmal mit harten Themen zu tun hat. Das ja auch. Aber es gibt auch das andere. Es gibt auch die Schönheit, um die es geht. Veronica Kaup-Hasler Und es geht immer um das Zusammenkommen der Vielen. Das ist der analoge Ort, wo wir eben nicht auf unserem Sofa sitzen und mit den Instagrambildern und Handybildern konfrontiert sind und erschlagen sind von diesen Negativmeldungen, sondern ein analoger Ort, wo wir darüber reflektieren können und gemeinsam sprechen können. Das macht, glaube ich, auch Gesellschaft aus. Und das ist auch der große, das große Momentum, warum Institutionen, die öffentlich sind, eben so wichtig sind. Felix Hoffmann Und der Ausstellungsort ist eigentlich nur der Startpunkt. Also das ist wie ein Standbein, das wir als Foto Arsenal so verstehen, dass die Leute uns da besuchen können und Ausstellungen sehen. Aber wir bauen ja gerade einen zweiten Bereich auf mit der Schule des Sehens und dem ganzen Vermittlungsprogramm, wo wir nicht nur im Gebäude zwei Seminarräume haben mit einer analogen Dunkelkammer, wo man noch analog Bilder ausbelichten kann, sondern wir entwickeln eben auch im Schulterschluss mit anderen Institutionen ein Programm, wo wir in Parks gehen, in soziale Einrichtungen und an Schulen. Felix Hoffmann Weil wir genau wissen, es gibt Kinder und Jugendliche und natürlich auch Erwachsene, die werden nie zu uns kommen, die werden sich nie Ausstellungen anschauen, aber wir müssen mit denen in Interaktion treten. Wir wollen in den Dialog kommen, und daran arbeiten wir ganz stark. Veronica Kaup-Hasler Na und dazu hast du auch dieses fantastische Format eines Festivals, also die Foto Wien. Das ist ja auch ganz wichtig, dass man bei sich seine verdichtete Zeit hat. Bernhard Ichner Zu dir kommen wir. Ja, ich möchte noch ganz kurz bevor wir tatsächlich zur Foto Wien kommen Ich möchte noch eine Frage zu dem Berufszweig stellen, der hinter dem Ganzen steht. Es ist ja so, dass wir alle mit den mit unseren Handys allgegenwärtig ausgestattet sind und unser Weltgeschehen ununterbrochen dokumentieren. Auf der anderen Seite Menschen, die davon leben müssen, können das immer seltener. Führt diese Situation zu dem wirklich nicht das Risiko, dass die professionelle Fotografie irgendwann ausstirbt? Felix Hoffmann Na ja, die Frage ist immer, Fotografie war und ist immer ein Kulturgut. Also wir machen alle Bilder momentan viel mit unseren Mobiltelefonen und dann gibt es eben den Bereich der professionellen Fotografinnen und Fotografen, die davon leben müssen und dieses Leben-müssen hat sich ja in den letzten fünf Jahren rapide verändert. Felix Hoffmann Also das Stichwort künstliche Intelligenz spielt da ganz stark mit rein. Ich habe immer wieder mit Fotografinnen und Fotografen Kontakt, die nicht wissen, wo sich dieser Berufszweig hin orientiert. Und da sind natürlich die Aussichten auch so ein bisschen düster. Ich habe aber auch immer wieder Leute bei mir, die mir erzählen, dass sie stärker in eine analoge Welt zurückgehen, die authentischer ist, um quasi genau diesem Künstlichen zu entfliehen. Felix Hoffmann Ich habe vor zwei Tagen eine junge Fotografin getroffen, die gesagt hat, sie kauft sich wieder eine Super-8-Filmkamera und auch eine analoge Kamera, damit die Fussel auf einem Film die ganzen kleinen Körner, also früher sprach man ja vom Korn des analogen Films, sichtbar werden, weil die Kunden das genau wollen und brauchen und kein digitales Rendering. Bernhard Ichner Die Frau Stadträtin hat es vorher schon vorweggenommen. Es findet vom 3. Oktober bis 2. November wieder das Foto Wien Festival statt. Können Sie uns über das heurige Leitthema Dynamic Futures ein bisschen mehr erzählen? Was dürfen wir uns denn darunter vorstellen? Felix Hoffmann Ja, wir haben schon ein bisschen darüber gesprochen, was unsere Zukunftsvision sind. Also die Zukunft ist eben dynamisch und Dynamic Futures beschreibt auf der einen Seite das, dass wir natürlich mit künstlicher Intelligenz sehr stark im digitalen Raum auch als Festival nach vorne denken wollen und uns damit auseinandersetzen wollen. Felix Hoffmann Auf der anderen Seite gibt es natürlich im Ökologischen, im Politischen und an anderen Stellen auch, würde ich mal sagen, immer wieder Rückschritte oder Fragen, die die Fotografie auch grundlegend in Frage stellen, weil sie hinterfragt werden muss. Und die Foto Wien ist ja ein Festival, das vier Wochen alle Aktivitäten in der Stadt bündeln will. Von großen bis kleinen Häusern auf der einen Seite, aber eben auch mit dem Eröffnungswochenende und einer Buchmesse und allem, was damit verbunden ist. Felix Hoffmann Einen Auftakt geben will, sich mit Fotografie und fotografischen Bildern auseinanderzusetzen. Bernhard Ichner Es gibt dazu auch einen Open Call, der sich an Akteur*innen der Fotografie mit eigenem Raum in Wien richtet und die vom 20. Februar bis 25. März Ausstellungsvorschläge einreichen können. Wer ist denn da genau gemeint? Wer ist denn da die Zielgruppe? In welche Richtung soll denn diese Vorschläge gehen? Felix Hoffmann Also wir sprechen natürlich sowohl die großen Häuser an, wie die Albertina, das Westlicht, die ganzen Institutionen dieser Stadt, die aufgerufen sind, mitzumachen. Aber auf der anderen Seite natürlich auch Projekträume und Künstler*innen, die Studios haben, die sie öffnen wollen. Und da bitten wir um Einreichungen. Dann tritt eine Jury zusammen und wird zwischen 100 und 120 Programm-Partner*innen auswählen, weil mehr können wir gar nicht verdauen und werden dann daraus ein Programm stricken, um in diesem Zeitraum von vier Wochen Wien zu einer Fotostadt zu machen. Felix Hoffmann Und richtig im Bereich Fotografie zum Vibrieren zu bringen. Bernhard Ichner Eine thematische Einschränkung oder sowas gibt es nicht. Felix Hoffmann Nein, es gibt keine thematische Einschränkung. Wir haben gemerkt, dass das einfach nicht tragen kann. Bernhard Ichner Dann würde ich Sie noch um ein letztes Statement bitten. Es ist jetzt in letzter Zeit Mode geworden, dass man bei Onlineberichten hat man dann unten so die Zusammenfassung ganz, ganz kurz notiert. Warum soll man das Foto Arsenal Wien gehen? Veronica Kaup-Hasler Also in Zeiten, die so krisenbeladen sind, ist die Eröffnung einer neuen Kulturinstitution schon mal ein Anlass zur großen Freude. Das Foto Arsenal wird eine neue Kunsthalle für Fotografie sein. Eine Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Medien unserer Zeit. Es sieht einen neuen Kunststandort etablieren in einem Stadtteil, der ganz dynamisch ist. Ich kann nur sagen: Kommen Sie, feiern Sie mit uns und kommen Sie oft zu diesem neuen Standort! Bernhard Ichner Und haben Sie da Ihr erstes Date? Veronica Kaup-Hasler Ich weiß nicht, ob ich in der Reihe der First Dates gemeint bin. Ich habe schon einige hinter mich gebracht und bin sehr zufrieden mit der getroffenen Auswahl. Felix Hoffmann Aber vielleicht gibt es ja auch neue, neue Begegnungen mit Menschen, wo man jetzt nicht irgendwie tiefer einsteigen will im Leben. Aber das ist ja eine Qualität, die man vielleicht da erfahren kann bei der Eröffnung. Wichtig ist mir noch mal klar zu machen, dass Neugründungen in so einem musealen oder Ausstellungskontext in Europa sehr einzigartig sind. Es gibt nicht so viele Ausstellungshäuser im Bereich Fotografie, die neu gegründet werden. Felix Hoffmann Und da kann man sich das mal auf der Weltkarte anschauen, was in den letzten 20 Jahren passiert ist. Und da beschreitet Wien gerade einfach einen sehr einzigartigen und besonderen Weg. Das muss man sich immer klar machen. Manchmal ist es, glaube ich, hier gar nicht so den Leuten bewusst. Bernhard Ichner Na ja, was man direkt vor der Haustür hat, das weiß man vielleicht nicht zu schätzen. Vielen Dank für das Gespräch. Veronica Kaup-Hasler Ja, danke auch. Vielen Dank. Silvo Gasser Zu Gast bei Bernhard Ichner waren Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler und der künstlerische Leiter des Foto Arsenal Wien Felix Hoffmann.