Stadt Wien Podcast

Ein gutes Zuhause: Deshalb sind Pflegeeltern wichtig (Folge 1 von 5)

Stadt Wien Season 17 Episode 1

In unserer neuen Podcastreihe beschäftigen wir uns mit dem Thema Pflegekinder und Pflegeeltern. Die Journalistin Barbara Kaufmann führt gemeinsam mit Ingrid Pöschmann von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe durch insgesamt fünf Episoden, in denen wir versuchen, möglichst keine Fragen zum Thema Pflegeelternschaft offen zu lassen.

In der ersten Folge beschäftigen wir uns mit der Frage, warum es Pflegeeltern braucht, was  mögliche Gründe sind, warum ein Kind nicht bei den leiblichen Eltern leben kann, und wie geht es diesen Kindern geht, was sie möglicherweise erlebt haben.

Gesprächspartner*innen dieser Folge:

  • Hannes Kolar, klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe 
  • Helene Haidl, klinische Psychologin

Wenn ihr euch vorstellen könnt, selbst Pflegekinder aufzunehmen oder ihr euch weiter zum Thema informieren wollt, ruft  01/4000-90800 oder besucht wien.gv.at/pflegeeltern .

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[00:00:05 - 00:00:26] Barbara Kaufmann

Willkommen beim Podcast der Stadt Wien zum Thema Pflegekinder. Mein Name ist Barbara Kaufmann und ich werde durch die kommenden fünf Folgen dieser Podcast Reihe führen, und zwar gemeinsam mit Ingrid Pöschmann, Sprecherin der Wiener Kinder- und Jugendhilfe, dich ganz herzlich willkommen heißen möchte.

[00:00:27 - 00:00:39] Ingrid Pöschmann

Vielen herzlichen Dank für die nette Begrüßung. Ich freue mich sehr, Teil dieser Podcastreihe sein zu dürfen und mit Ihnen gemeinsam die bedeutende Rolle von Pflegeeltern zu besprechen.

[00:00:40 - 00:01:12] Barbara Kaufmann

Frau Pöschmann, wir werden versuchen, in den kommenden fünf Folgen keine Fragen offen zu lassen, die sich im Zusammenhang mit Pflegekindern so ergeben. Und werden dafür auch Expertinnen und Experten zu Wort kommen lassen und auch Pflegeeltern selbst. In unserer ersten Folge geht es die Warum braucht es eigentlich Pflegefamilien? Was haben Pflegekinder erlebt?

Wie geht es diesen Kindern? Fangen wir vielleicht mit dieser ganz grundlegenden Frage an: Wozu braucht es denn eigentlich Pflegefamilien?

[00:01:13 - 00:01:39] Ingrid Pöschmann

Also in Wien gibt es sehr viele Kinder, die nicht bei ihren Eltern leben können, aus verschiedensten geben können. Liebe, Geborgenheit, Sicherheit und eine gewaltfreie Erziehung. Der Kinderschutz ist für uns das Wesentlichste und der muss sichergestellt werden.

[00:01:40 - 00:01:42] Barbara Kaufmann

Wie alt sind die Kinder, über die wir hier sprechen?

[00:01:43 - 00:01:49] Ingrid Pöschmann

Wir suchen Pflegeeltern, die sich vorstellen können, Kinder im Alter von null bis drei Jahren zu übernehmen.

[00:01:50 - 00:02:03] Barbara Kaufmann

Was Vernachlässigung bedeuten kann, das weiß Hannes Kolar aus der Praxis. Der klinische Psychologe und Gesundheitspsychologe leitet den psychologischen Dienst der MA 11.

[00:02:04 - 00:03:19] Hannes Kolar

Vielleicht wenn ich jetzt ein paar Klassiker aufzählen darf: Ein Elternpaar, das kognitiv beeinträchtigt ist, bekommt ein Kind. Und wir sehen, dass im Bereich der Versorgung ein Problem da ist. Das heißt, dass diese Kinder diese Kinder lieben, das heißt, die Bindung hat gut geklappt. Das Kind hat die liebevollen ersten Monate erlebt, aber es gibt Probleme, beim Essen zu bereiten, in der Regelmäßigkeit eines Alltags zu gestalten. Es ist einfach gefährlich für das Kind, dass es vielleicht zu wenig Flüssigkeit bekommt etc. speziell auch, wenn es dann zum Krabbeln beginnt, können Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden? etc. Das wäre so ein Teil, wo die Kinder emotional unheimlich viel bekommen haben, aber aus diesem Aspekt können die Kinder nicht bei der Familie verbleiben.

Oft ist es dann so, dass wenn diese Kinder zu Pflegeeltern kommen, die Eltern mit der kognitiven Beeinträchtigung auch ein bisschen Teil der Familie werden. Das ist eigentlich recht schön, weil die sind auch oft dankbar dafür, dass ihre Kinder gut versorgt wird, weil sie auch merken, dass es sie selbst überfordert.

[00:03:19 - 00:03:22] Barbara Kaufmann

Vernachlässigung kann auch anders aussehen.

[00:03:23 - 00:04:03] Hannes Kolar

Zweiter Klassiker wäre ein Baby von Eltern, die sich im Suchbereich befinden. Das heißt, die einen sehr unregelmäßigen Tagesablauf haben, die Tag Nacht Umkehrung haben, wo das Baby auch immer wieder fremdversorgt werden muss, damit eben auch Drogen besorgt werden können. Die Kinder sind auch gewohnt, dass sie von anderen Personen versorgt werden, aber sie sind auch gewohnt, dass ihre Bedürfnisse sehr verzögert wahrgenommen werden. Mir gilt es natürlich zu lernen für das Kind, dass meine Bedürfnisse jetzt plötzlich bei Krisenpflegeeltern und dann später bei Pflegeeltern doch sehr rasch wahrgenommen werden und hier wieder Vertrauen zu schaffen,

[00:04:04 - 00:04:16] Barbara Kaufmann

berichtet Hannes Koller. Jetzt haben wir zwei teils sehr drastische Beispiele gehört. Frau Pöschmann, was gibt es denn noch für Umstände, die dazu führen, dass ein Kind in eine Pflegefamilie kommt?

[00:04:17 - 00:04:39] Ingrid Pöschmann

Wenn Kinder nicht ausreichend geschützt werden, haben wir einen Auftrag. Wir müssen sicherstellen, dass es Kindern gut geht, dass sie bestmöglich betreut und gefördert werden. Neben der Vernachlässigung ist die körperliche, seelische und die sexuelle Gewalt ein Grund, Kinder aus der Familie zu nehmen.

[00:04:40 - 00:05:00] Barbara Kaufmann

Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sprechen oft von einem Rucksack, mit dem ein Pflegekind kommt. Was sich in diesem Rucksack befinden kann, welche Erfahrungen und Erlebnisse, erzählt uns die klinische Psychologin Helene Haidl, die schon viel Erfahrung mit Pflegekindern bei der MA 11 gesammelt hat.

[00:05:00 - 00:06:15] Helene Haidl

Also der Rucksack eines sehr jungen Pflegekinds kann sein, dass es eben in seinen elementaren Bedürfnissen nicht entsprechend versorgt wurde. Das heißt, es musste Hunger, es hatte Hunger, es hatte Durst, es ist in seinem Gitterbett gelegen und brauchte eine Person, die in Nähe spendet, näher stiftet, fürsorglich ist und hat das nicht erfahren. Das sind natürlich sehr einschneidende Dinge, die ein Bild von anderen Menschen machen bei diesen Kindern und spätestens auch Jugendlichen. Das ein sehr negatives ist und eines, das wenig Vertrauen in andere Menschen mit sich bringt, dann gibt es auch einfach die Angst, nicht entsprechend versorgt zu werden. Das ist ganz elementar, wenn ich die Erfahrung mache, dass meine körperlichen Bedürfnisse nicht erfüllt werden, dann ist das mit Angst, mit einer tiefgreifenden Angst verbunden, dass das auch in späteren Situationen wieder so sein könnte. Das heißt, Kinder können auch ängstlich sein und sehr zurückgezogen sein. Oder sie sind im Gegenteil sehr agitiert, sehr aufgeregt, sehr unruhig.

Das ist auch etwas, was wir oft sehen.

[00:06:15 - 00:06:20] Barbara Kaufmann

Hannes Kohler erklärt, woher diese Unruhe psychologisch kommen kann.

[00:06:20 - 00:07:25] Hannes Kolar

Ob jetzt eine Drogenabhängigkeit im Hintergrund ist, ob Partnerschaft Schwierigkeiten, viel Streit, lauten streiten im Hintergrund ist. All das bringt dir das Kind in einen Zustand, wo es nicht zur Ruhe kommen kann. Und wenn ein ganz junges Gehirn sehr wenig zur Ruhe kommen kann, dann lernt es, sich auf den unruhigen Zustand auf den Belastungszustand. Alles, was wir oft erleben, darauf spezialisieren wir uns. Deshalb sind wir ja auch so erfolgreich evolutionär. Wir lernen, mit allem umzugehen. Das Kind hat ja eine sehr große neuronale Leistung.

Schwierig ist es dann, wenn das Kind dann aber in ein ruhiges, harmonisches Umfeld kommt, weil es hat dann den Unruhezustand sozusagen gelernt und es muss dann umlernen. Und umlernen ist immer ein bisschen schwerer als neu lernen.

[00:07:25 - 00:07:29] Barbara Kaufmann

Wie geht es diesen Kindern gesundheitlich, Frau Pöschmann?

[00:07:29 - 00:08:17] Ingrid Pöschmann

Also die Kinder sind in einer sehr hoch belasteten Situation. Kinder in Krisensituationen sind in einer Ausnahmesituation. Das heißt, die Geschichte gibt uns Aufschluss darüber, was die Kinder auch brauchen. Oft ist es auch die medizinische Behandlung. Stellen Sie sich vor, ein Baby wird lange Zeit nicht gepflegt, nicht ordentlich entwickelt, hat offene Wunden, dementsprechend benötigt es dann die Versorgung durch eine Kinderärztin oder eines Kinderarztes. Das muss sichergestellt werden. Wichtig ist in dieser Zeit, dass die Pflegeeltern mit diesem Kind auch gemeinsam diesen Schmerz aushalten.

Und es geht nicht nur körperlichen Schmerz, den man hier mit dem Kind aushält, sondern auch dem seelische Schmerz.

[00:08:19 - 00:08:28] Barbara Kaufmann

Trotzdem ist es ein wichtiger Punkt, dass Pflegekinder ja auch ein Recht auf den Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie haben. Wie sieht das denn in der Praxis damit aus?

[00:08:29 - 00:09:12] Ingrid Pöschmann

Ja, das ist eine sehr wichtige Frage. Im Rahmen der Krisenpflege müssen wir natürlich auch schauen was braucht das Kind, was ist passiert, und was muss sichergestellt sein, damit das Kind auch wieder zu den Eltern zurückkehren kann? Hier braucht es die Kontakte zu den Eltern, die Beziehung zu beobachten. Wir nennen das Wie gehen die Eltern mit dem Kind Wie reagiert das Kind auf die Eltern? Und diese Kontakte sind für uns auf aufschlussreich dann auch im Rahmen der Krisenabklärung abzukehren. Ist es wieder möglich, dass das Kind nach Hause zu den leiblichen Eltern geht oder nicht?

[00:09:13 - 00:09:24] Barbara Kaufmann

Hannes Kohler erklärt auch die Bedeutung, die der Kontakt zur Herkunftsfamilie für ein Pflegekind haben kann und welche Rolle die Pflegeeltern dabei spielen können.

[00:09:24 - 00:10:50] Hannes Kolar

Dass Pflegekinder sich schon die Frage stellen: War ich nicht genug für meine Eltern? War ich nicht gut genug, dass sie sich nicht so mich gekümmert haben? Kinder durchlaufen verschiedene Entwicklungsphasen. Und eine Entwicklungsphase ist der Exzentrismus. Das heißt, dass alles, was in dieser Welt passiert, glaube ich, passiert wegen mir. Und wenn ein Reissack in China Umfeld, jetzt übertrieben, aber dann hat das was mit mir zu tun. Und alle Pflegekinder fragen sich natürlich: Was hat das mit mir zu tun, dass ich nicht zu Hause leben kann?

Und suchen auch Schuld in sich selbst. Und gerade weil Kinder sich diese Frage stellen, ist es auch so wichtig, die leiblichen Eltern kennenzulernen. Weil mit dem Entwicklungsverlauf natürlich das Verständnis dieses Prozesses von der leiblichen Familie in die Pflegefamilie viel klarer wird. Und die Kinder dann auch von einer ganz anderen Ebene verstehen können, warum das so passiert ist wie es passiert ist. Und auch Seiten, die sie in sich nicht erklären können, durch den Kontakt mit den Eltern, aber dann sehr wohl auch adressieren können und sagen: Ha, ich habe nicht nur die Augen meiner Mama, ich habe vielleicht auch das von meiner Mama. Aber von meiner Pflegemama habe ich gelernt und von einem Pflegevater euch kennengelernt, wie ich damit umgehen lerne. Das wäre der Bogen, der sich dann spannt.

[00:10:50 - 00:10:56] Barbara Kaufmann

Eine Pflegefamilie ist auch keine Ersatzfamilie. Ist Helene Haidl wichtig?

[00:10:56 - 00:11:45] Helene Haidl

Aus psychologischer Sicht würde, meine ich, dass es kein Ersatzkind ist, sondern es ist ein Ergänzungskind. Also es ist dieses Prinzip der Das Pflegekind hat eine Familie, das ist ein Fakt. Das ist ein Fakt, den man nicht wegleugnen oder ignorieren sollte, der besteht einfach, der ist vorhanden. Aber es gibt das Prinzip, dass ich zusätzlich und ergänzend und ich würde sagen, im besten Sinne des Wortes auch wohlwollend eingebettet ein Kind übernehme. Und ihm so ergänzend zu seiner leiblichen Familie viele Möglichkeiten und Chancen eröffne, sich gut zu entwickeln.

[00:11:46 - 00:11:52] Barbara Kaufmann

Frau Pöschmann, wie kann eine Pflegefamilie tatsächlich eine neue Familie für ein Pflegekind werden?

[00:11:54 - 00:12:53] Ingrid Pöschmann

In der Tat kann natürlich eine Pflegefamilie auch eine neue Familie für ein Kind werden, in dem es dem Kind alles gibt, was es braucht, sich gut zu entwickeln. Durch die Bindung, durch das Vertrauen, durch die Ausdauer, durch das Miteinander, durch schwierige Situationen gehen, entsteht Familie? Entsteht all das, was Kinder brauchen, sich sehr gut entwickeln zu können? Wir müssen hier aber auch unterscheiden zwischen Ursprungsfamilie und der Pflegefamilie. Die Ursprungsfamilie wird immer eine Rolle im Leben der Kinder spielen. Denn spätestens in der Pubertät fragen sich die Kinder Wem schaue ich denn ähnlich meiner Mama oder meinem Papa? Es geht Identitätsforschung.

Am Ende des Tages zählt aber, wer dem Kind das Pflaster auf das zerschürfte Knie klebt. Und das ist die Person, die für das Kind tagtäglich da ist und mit dem Kind durch alle schwierigen Zeiten geht.

[00:12:54 - 00:13:00] Barbara Kaufmann

Wir müssen da noch eine ganz wichtige Unterscheidung machen, nämlich zwischen Adoption und Pflegeelternschaft.

[00:13:01 - 00:13:52] Ingrid Pöschmann

Bei der Adoption müssen die leiblichen Eltern alle Rechte und Pflichten abtreten. Und das machen sie freiwillig. Sie stimmen dem zu. Wenn sie das nicht tun, ist eine Adoption nicht möglich. Hingegen bei Pflegeeltern übertragen wir die Wiener Kinder- und Jugendhilfe einen Teil der Obsorge, das nennen wir Pflege und Erziehung. Das ist der Teil der Obsorge, der alles regelt, damit sie den Alltag mit einem Kind gut gestalten können. Die Zustimmung zur medizinischer Behandlung, zu Therapien, zu einem Schulwechsel, das Unterschreiben eines Lehrvertrages Alles ist in diesem Teil der Obsorge beinhaltet.

Die Vermögensverwaltung, das ist die gesetzliche Vertretung, bleibt aber weiterhin in den Händen der Wiener Kinder- und Jugendhilfe.

[00:13:53 - 00:14:08] Barbara Kaufmann

Die Psychologin Helene Heidl von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe hat über die Jahre Pflegeeltern oft dabei unterstützt, ihren Pflegekindern bei ihrer Entwicklung zu helfen. Ein Schlüsselwort ist dabei für sie die sogenannte Selbstwirksamkeit.

[00:14:10 - 00:15:21] Helene Haidl

Der Begriff Selbstwirksamkeit meint, dass man als Person, egal ob ich jetzt drei Jahre alt bin oder fünfzig Jahre alt bin, das Gefühl habe, ich kann etwas bewirken. Ich bin wirksam in meiner Umwelt, ich kann etwas erreichen, ich kann etwas schaffen. Und das ist fast ein Zauberwort im Zusammenhang mit Pflegekindern, weil Pflegekinder immer wieder und ganz zeitig die Erfahrung gemacht haben, sie sind ohnmächtig, sie haben keinen Einfluss auf das, was mit ihnen geschieht. Und in dem Moment, wo sie spüren, da gibt es etwas, da kann ich etwas bewirken, da verändere ich etwas, da geht etwas von mir aus und ich erreiche ein Ziel, und sei es noch so klein, ist ein Schalter umgeschaltet. Und das Kind hat eine positive Erfahrung, auf die es zurück greifen kann und die man dann immer wieder auch als Pflege Mama oder als Pflegevater machen kann und herbeiführen kann. Also Situationen herbeiführen, wo das Kind das Gefühl hat, ich bewirke was, ich kann etwas schaffen.

[00:15:22 - 00:15:41] Barbara Kaufmann

Es ist oft nicht so einfach für das Pflegekind zu begreifen, warum es zwei verschiedene Familien hat: eine Herkunftsfamilie und eine soziale Familie. Hannes Kohler hat eine kreative Methode entwickelt, wie man das gemeinsam mit den Pflegeeltern für das Kind besser verständlich machen kann.

[00:15:42 - 00:17:01] Hannes Kolar

Das ist auch ein Teil meiner Arbeit mit Pflegeeltern. Ich setze mich einmal im Jahr mit Pflegeeltern zusammen und wir schreiben Geschichten für Kinder, für Pflegekinder. Und zwar Geschichten über Dinge, die ganz schwer erklärbar sind. Und da sind eben ganz viele Identitätsgeschichten auch dabei, wo wir Ihre Biografie, Ihre Metaphern in Tiermetaphern verfassen und Ihre Biografie erzählen in einer Geschichte, dass ein Fuchskind bei anderen Tieren aufwachsen etc. Und anhand dieser Geschichten bekommen die Kinder dann einen Begriff, wie auch ihre eigene Biografie abgelaufen ist. Also dass sie die Eltern gewechselt haben. Es gibt ja viele Bücher darüber, die man auch käuflich erwerben kann, aber ich finde diesen individuellen Zugang, wenn Pflegeeltern selbst so eine Geschichte schreiben, direkt auf ihr Kind das auch abstimmen, das finde ich sehr schön.

Das ist ein Erfahrungsprozess, für den ich selbst, wie geht es mir damit? Sie schreiben dann für ihre Kinder die Geschichten und wenn sie sie dann am Ende des Workshops vorlesen, fangen manche an zu weinen, weil sie überhaupt so gerührt sind von diesen Märchen, wie sie den Kind den Kind begreiflich machen können, was da eigentlich passiert ist.

[00:17:02 - 00:17:18] Barbara Kaufmann

Frau Pöschmann, es gibt dieses Vorurteil, dass es bei manchen tragischen Schicksal quasi kaum noch Rettung gibt. Aber Sie haben ja die Erfahrung gemacht, dass es nie zu spät ist, die Entwicklung eines Kindes noch sehr positiv zu beeinflussen.

[00:17:18 - 00:17:58] Ingrid Pöschmann

In meiner Erfahrung als Pädagogin kann ich Ihnen sagen, dass es nie zu spät ist, die Entwicklung eines Kindes positiv zu beeinflussen. Geborgenheit, Sicherheit, Ausdauer, Mut sind die Garanten dafür, dass einem hier auch gelingt, das Potenzial der Entwicklung in einem Kind zu erkennen. Das ist oft ein sehr schwieriger Weg, der sich aber lohnt zu gehen. Und Pflegeeltern spielen hierbei eine sehr entscheidende Rolle, einem Kind die besten Möglichkeiten für ein gutes Erwachsenwerden zu geben.

[00:17:58 - 00:18:03] Barbara Kaufmann

Auch Helene Heidl kann diese Vorurteile und Ängste widerlegen.

[00:18:04 - 00:18:44] Helene Haidl

Dem kann ich entgegensetzen, was ich sehe im Verlaufe meiner Beratungen, die ich mit Pflegefamilien mache. Ich sehe, wie sich Kinder entwickeln können in den Familien. Und das ist einfach etwas, was Mut macht. Was wirklich Mut macht, weil die Kinder oft nach einer gewissen Zeit, in der sie ankommen, in der Pflegefamilie, beginnen neue Verhaltensweisen Familie und das ist eine super Voraussetzung dafür, dass sich die Entwicklung einen guten Lauf nimmt.

[00:18:45 - 00:19:15] Barbara Kaufmann

Das war die erste Folge des Podcasts der Stadt Wien zum Thema Pflegekinder, in der wir uns damit beschäftigt haben, warum es Pflegeeltern dringend braucht. In der nächsten Folge werden wir uns die wichtigsten Voraussetzungen ansehen, die Pflegeeltern mitbringen sollten und auch den finanziellen Aspekt. Vielen Dank, Frau Pöschmann, für all die Informationen. Wir hören uns dann wieder. Und wir bedanken uns natürlich auch bei Helene Haidl und Hannes Kolar.